
Timo Jann
Im Hamburger Hafen sind im ersten Halbjahr 2025 etwa 4,2 Millionen TEU umgeschlagen worden – ein Plus von ungefähr 10 Prozent gegenüber der Vorjahreshälfte mit 3,8 Millionen TEU. Jens Meier, CEO der Hamburg Port Authority (HPA), sieht die Gründe dafür vor allem im deutlichen Anstieg des Warenaustauschs mit China, Malaysia und Singapur, während der Verkehr in die USA und von dort zwischen Januar und Juni 2025 um 19 Prozent eingebrochen ist.
Zugute komme dem Hamburger Hafen die gute Anbindung an das Hinterland, ist Meier überzeugt. Das sei gegenüber Rotterdam, wo sich derzeit Schiffe zur Abfertigung stauen würden, ein großer Vorteil. „Wir haben hier ein supergutes Zusammenspiel zwischen Schiff, Schiene und Straße“, so der HPA-CEO weiter. Er freue sich, dass in Sachen Straßenanbindung neue Projekte kommen sollen, darunter die A 26, die neue Köhlbrandbrücke und die Hafen-Querspange zwischen A 1 und A 7.
Hamburg baut am Hafen der Zukunft
Um die Abläufe beim Umschlag noch weiter zu verbessern, wurden bereits zahlreiche Maßnahmen initiiert. Diese stellte Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) gemeinsam mit Meier jetzt während einer Barkassentour ausgewählten Journalisten vor. Mit an Bord war der „Tägliche Hafenbericht“ (THB).
So soll es künftig dank des erweiterten Wendekreises von 480 auf 600 Meter nur noch 40 statt bisher 90 Minuten dauern, ein Großcontainerschiff in den Parkhafen zu bringen. Der Wendekreis ist einer der Bausteine der sogenannten Westerweiterung. Durch die Kappung der Landspitze am Petroleumhafen und der Verfüllung eines Großteils des Hafenbeckens wird der Eurogate-Terminal zwei neue Liegeplätze und 38 Hektar Fläche für den Containerumschlag bekommen. Im Zusammenspiel der Maßnahmen rechnet Terminal-Geschäftsführer Tim Schmonsees mit einem Plus beim Umschlag von 2 Millionen TEU. Man habe dann die Chance, um neue Linien zu buhlen und die Ladung nach Hamburg zu holen, hofft Leonhard.
Die zusätzliche Fläche soll genutzt werden, um die Automatisierung des Umschlags voranzutreiben. Sobald die neue Technik dort laufe, solle auch der Bestand angepasst werden. Künftige Containerbrücken sollen ferngesteuert arbeiten, Vancarrier durch automatisierte Fahrzeuge ersetzt werden. Um die nötige Infra- und Suprastruktur zu schaffen, gehen die Verantwortlichen von Kosten in Höhe von etwa 1,1 Milliarden Euro aus. In etwa zehn Jahren soll alles fertig sein.
„Die Westerweiterung hat eine große Bedeutung für den gesamten Hamburger Hafen“, sagt Senatorin Leonhard. Dabei komme es bei der Abwicklung des Schiffsverkehrs auch auf das Zusammenspiel mit der Begegnungsbox, die im Zuge der Fahrrinnenanpassung realisiert wurde, an. Das Zeitfenster zum Anlauf und für die Abfahrt großer Frachter könne so erweitert werden. „Man will die Schiffe dann auch zügig abarbeiten“, sagt Meier.
Neue Logistikflächen im Bereich Steinwerder
Weitere Hafenflächen sollen im Bereich Steinwerder-Süd unweit des Cruiseterminals entstehen. Derzeit ist ein Spezialponton dabei, mit Hilfe einer Verrieselung den Boden unter Wasser aufzufüllen. Zu erwarten ist eine Nutzfläche von gut 26 Hektar. Das aufzuschüttende Gelände liegt laut Wirtschaftsbehörde mit „ausgezeichneten straßen-, bahn- und wasserseitigen Anschlussmöglichkeiten“ zwischen Travehafen und Ellerholzhafen. Wie Meier berichtet, soll 2026/2027 entschieden werden, wer der Investor für die Fläche werden soll. Meier: „Es gibt ganz unterschiedliche Interessenten.“
Fest steht, dass es eine Nutzung mit Wasserbezug geben soll. Denn die Fläche ist für Schiffe mit 10,80 Meter Tiefgang erreichbar und zu wertvoll, um die Möglichkeit ungenutzt zu lassen, sind sich Hafenbehörde und Politik bereits einig.
Weiterer Ausbau der Landstromanlagen
Die HPA wird in den kommenden Jahren weiter in Landstromanschlüsse an allen Liegeplätzen für See- und Binnenschiffe investieren. Bereits ab 2027 besteht für Kreuzfahrtschiffe in Hamburg die Pflicht, das Stromangebot auch zu nutzen.
In diesem Jahr entstehen am Containerterminal Altenwerder drei und am Cruise-Center Hafencity zwei Landstromanschlüsse. Bis 2030 sollen auch am O’Swaldkai, am Süd-West-Terminal und am Athabaskakai Stromanschlüsse nutzbar sein, die Systeme bei Eurogate, am Terminal Tollerort und am Burchardkai ein Upgrade bekommen. Die Liegeplätze für Binnenschiffe an der Rethe Wassertreppe, am Eversween und am Holthusenkai sollen dieses und nächstes Jahr angebunden werden. „Der Landstrom soll auch das Sprungbrett für einen vollelektrischen Antrieb und die emissionsfreie Schifffahrt sein“, so Meier.
Sanierung von Kaimauern
Im Hamburger Hafen gibt es auf einer Länge von etwa 43 Kilometern Kaimauern. Nur 8 Kilometer sind jünger als 30 Jahre. 14 Prozent der Anlagen sind älter als 100 Jahre, viele davon marode. Laut Melanie Leonhard koste es etwa 50 Millionen Euro, 500 Meter Kaimauer zu erneuern. „Wir brauchen also einen hohen dreistelligen Millionenbetrag für den akuten Bedarf“, sagt die Senatorin. Das sei für die Stadt auch ein großes Thema. Erhalt und Sanierung der Bauwerke dienen auch dem Hochwasserschutz in vielen Bereichen des Hafens.
Sobald die HPA, die die Arbeiten durch Spezialfirmen beauftragt, erneuerte Bereiche für Nutzer anbieten kann, sei die Nachfrage groß, so Meier. Ein Teil der enormen Investitionskosten werde dann durch Mietzahlungen wieder eingenommen, heißt es.
Vor dem Hintergrund des großen Bedarfs, wegen der veränderten globalen Bedrohungslage verstärkt in Bau und Modernisierung von Marineschiffen zu investieren, genießt derzeit die Erneuerung der „Steinwerder Kai“ genannten Pier bei Blohm + Voss Priorität.
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