
Susanne Landwehr und Sebastian Reimann
An der Spitze der Deutschen Bahn hat das große Stühlerücken begonnen. Im Mutterkonzern und in der DB InfraGo sind künftig einige neue Gesichter zu sehen. Seit Dienstagmittag steht fest: Evelyn Palla, bisher Vorstand DB Regio, wird neue Bahnchefin. Das hat der Aufsichtsrat des DB-Konzerns beschlossen. Außerdem soll die Zahl der Vorstände von acht auf sechs schrumpfen. Die wichtigsten Personalien gab Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder am Montag bekannt, als er in Berlin seine „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene – Eckpunkte zur Reform der Deutschen Bahn“ vorstellte.
Laut Palla verlassen Daniela Gerd tom Markotten, zuständig für Digitalisierung und Technik, und Infrastrukturvorstand Berthold Huber den DB-Konzern. Die DB InfraGo soll laut Schnieder eine stärkere Stellung erhalten.
„Evelyn Palla bringt alles mit, um den Konzern wieder auf Erfolgskurs zu führen“, lobte Schnieder am Montag. Sie kenne die DB von innen, der Regionalverkehr schreibe wieder schwarze Zahlen. Darüber hinaus bringe die gebürtige Südtirolerin und ehemalige Vorständin Personenfernverkehr der Österreichischen Bundesbahnen Erfahrungen von außen mit.
Einer, der längere Zeit mit ihr zusammengearbeitet hat, beschreibt Palla gegenüber der DVZ als ehrgeizig und karrierebewusst. Sie sei gut in Finanzthemen, ferner könne sie Prozesse sauber aufsetzen und modern führen. Die Frage sei allerdings, ob es ihr gelingen werde, auch öffentlichkeitswirksam eigene Akzente zu setzen. Sie wirke oft geschmeidig und ausgleichend, müsse sich womöglich aber auch einmal gegen den DB-Aufsichtsrat unter Führung von Werner Gatzer (SPD) und die starke Mitbestimmung im Konzern durchsetzen.

Fraglich ist, ob mit der von Schnieder vorgelegten Bahnagenda und den drei Sofortprogrammen schon das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Nach DVZ-Informationen soll Anfang 2026 eine Art Feinstrategie für die Zukunft der DB folgen.
Zu weiteren Personalien sagte Palla, dass DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta bleiben werde. Offen ist die Position Finanzen im DB-Konzern. Levin Holle, der von 2020 bis 2025 Finanzchef war, wechselte zu Beginn der neuen Legislaturperiode ins Bundeskanzleramt.
DB-InfraGo-Vorstandswechsel
Für die Branche überraschend war unterdessen die Absetzung von DB-InfraGo-Vorstand Philipp Nagl. Seinen Posten soll Berater Dirk Rompf übernehmen, Vorstand des Instituts für Organisationskommunikation Ifok. Rompf bringt zwar einige Erfahrung aus dem Bahnkonzern mit; von 2014 bis 2019 war er Vorstand der Infrastrukturtochter DB Netz, davor zwei Jahre als Senior Vice President bei der DB zuständig für Strategie und Geschäftsentwicklung in der Division Infrastruktur.
Wie die DVZ erfuhr, gilt Rompf aber als kompliziert und akademisch. Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel wirft ihm vor, „mitverantwortlich für den schlechten Zustand der Infrastruktur und die zähen Prozesse bei Großprojekten“ gewesen zu sein. Hinzu kam, dass sich der ehemalige Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla wenig für den Erhalt des Netzes einsetzte und die Finanzierung fehlte. Schnieder verteidigte seinen Kandidaten: „Rompf steht für Erfahrung und Neuanfang.“ Die Personalie entscheidet der Aufsichtsrat der DB InfraGo in einigen Wochen.
„Zu Philipp Nagl habe ich nach wie vor Vertrauen“, sagte Palla. Er werde im Konzern verbleiben und eine verantwortungsvolle Position übernehmen. Welche dies sein wird, sagte sie nicht.
Aufsichtsräte müssen zustimmen
Die Eisenbahngewerkschaft EVG hat bei Palla zwar zugestimmt, bei Rompf könnte es schwieriger werden. Hier ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Ähnlich wie viele andere Stakeholder auch war sie nicht in den Entstehungsprozess der Agenda und der Personalauswahl einbezogen.
Ebenso wichtig wie die Leitung sind die Aufsichtsräte. In der Agenda heißt es dazu, dass die Kompetenzen der Gremien künftig noch „gezielter sichergestellt“ werden sollen. Dazu zählten das Rechnungswesen, Bauen, Pünktlichkeit/Bahnbetrieb, IT/KI und Personenverkehr. Außerdem will die Bundesregierung laut Agenda „Raum für weiteren externen Sachverstand“ schaffen. Der Bundestag soll wie bisher je drei Mitglieder in die Aufsichtsräte entsenden. Im Konzernaufsichtsrat plant das BMV eine Änderung und will zwei Aufsichtratsposten, die bisher vom DB-Mutterkonzern besetzt sind, durch zwei zusätzliche Vertreter der Anteilseigner ersetzen. Schnieder sprach von mehr wirtschaftlicher Expertise, die er gern im Aufsichtsrat sähe.
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