Nachhaltigkeit kann zum Marktvorteil werden

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Juli 21, 2025
Das Sendungsvolumen im deutschen Kurier-, Express- und Paketmarkt (KEP) ist im Jahr 2024 um 2,8 Prozent gewachsen.
© HHLA/Thies Raetzke
The volume of shipments in the German courier, express and parcel market (CEP) grew by 2.8 percent in 2024.

Jasper Rothfels

Dieser Artikel erschien zuerst in der DVZ – Deutsche Verkehrs-Zeitung
Investitionen in Klimaschutz kosten Unternehmen Geld. Sie können Betrieben aber auch Vorteile im Wettbewerb mit Konkurrenten verschaffen. Beispiele dafür gibt es.

Elektro-Lkw, Solaranlagen, Batteriespeicher: Klimafreundliche Formen der Energiegewinnung und -nutzung sind unverzichtbare Hilfsmittel auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Ihre Anschaffung kostet die Unternehmen aber nicht nur Geld, sondern kann auch mehr Umsatz bringen. Das geht aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) unter 4.701 Vorstandschefs weltweit hervor. Laut dem im Januar veröffentlichten 28. Annual Global CEO Survey berichtet jeder Dritte (33 Prozent), dass klimafreundliche Investitionen in den vergangenen fünf Jahren zu höheren Einnahmen geführt haben. Rund zwei Drittel geben an, dass solche Investitionen die Kosten entweder gesenkt haben oder kostenneutral waren.

Nach Einschätzung von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, lohnen sich viele Maßnahmen zur CO2-Reduktion auch für die Logistiker – wegen des steigenden CO2-Preises und der Effizienz. Daniel Haag, Director bei Strategy&, nennt als Beispiele „die Optimierung des (Lager-)Netzwerks, leistungsstarke Systeme zum Transportmanagement und Routing der Verkehre, die geschickte Nutzung intermodaler Transportlösungen oder die Investition in Photovoltaikanlagen“.

Bestätigung kommt von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die zum Beispiel auf eine weitreichende Elektrifizierung der Terminal-Prozesse und einen hohen Anteil des Umschlags auf die Schiene setzt. „Der Großteil unserer Investitionen in klimafreundliche Technologien und Prozesse zahlt sich auch wirtschaftlich aus, sei es durch Effizienzgewinne, Kostensenkungen oder die Stärkung unserer Marktposition“, sagt Jan Hendrik Pietsch, Leiter Nachhaltigkeit. Im vergangenen Jahr seien 80 Prozent des Umsatzes und 85 Prozent der Investitionen als nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie bewertet worden.

Grüne Antriebe – wirtschaftlich im Kommen

Strategy&-Director Haag stellt zudem fest, dass nachhaltige Antriebstechnologien auch aus wirtschaftlicher Sicht immer konkurrenzfähiger werden. Außerdem fragten Logistikkunden zunehmend nachhaltige Lösungen nach, denn viele verfolgten selbst Klimaziele und seien auf Logistiker angewiesen, um sie zu erreichen. Investierten diese in Klimaschutz, stärke das die Wettbewerbsfähigkeit.

Das spüren Logistiker wie die KEP-Dienstleister deutlich. „Nachhaltigkeit ist längst ein relevanter Wettbewerbsfaktor geworden“, sagt der Sprecher von GLS Germany, Pelle Faust. GLS stelle bereits in über 300 deutschen Städten emissionsarm oder -frei zu, die Umstellung auf E-Fahrzeuge, die derzeit 27 Prozent der Flotte ausmachen, führe zu messbarer CO2-Reduktion und operativen Effizienzgewinnen. Das steigere aber nicht automatisch die Einnahmen, denn die Investitionen rechneten sich erst nach längerer Zeit, was auch Martin Andresen, Head of Corporate Development bei Hermes Germany, betont.

Schneller ausgezahlt habe sich für GLS die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Depots und die Nutzung des erzeugten Stroms, so Faust. So habe man die Energiekosten an mehreren Standorten früher und stärker senken können als erwartet. Hermes Germany will bis Ende 2025 in 80 deutschen Innenstädten „lokal emissionsfrei“ zustellen, im März waren es 70. Bis vor kurzem seien Verbrennerfahrzeuge E-Fahrzeugen für die Letzte Meile wirtschaftlich noch überlegen gewesen, „dieser Trend beginnt sich jedoch allmählich zu wandeln“, sagt Andresen.

Klimaschutz wird Verkaufsargument

Als „bedeutende Verkaufsargumente“ bezeichnet Dachser seine Klimaschutz-Maßnahmen. Der Logistikdienstleister dirigiert europaweit mehr als 130 E-Lkw über 3,5 Tonnen und hat in 18 Großstädten emissionsfreie Lieferzonen eingerichtet, zu denen 2025 sieben weitere kommen sollen. Klimaschutz erfordere Investitionen, etwa in E-Lkw, biete aber auch Einsparpotenzial wie Mautvorteile, die manche Staaten Null-Emissions-Fahrzeugen gewährten. Vereinzelt konnte Dachser auch in Partnerschaft mit Kunden E-Lkw in Betrieb nehmen, um diese dann gezielt für den Transport von deren Waren einzusetzen.

Für den Textillogistiker Meyer & Meyer ist der Lang-Lkw ein Fahrzeug, das sich „ab dem ersten Tag“ rechnet, „aufgrund von Effizienzsteigerung in puncto Laderaum“, sagt Benedikt Osterheider, Leitung Vertrieb Transport & Zoll. Die Kraftstoffersparnis liege bei 15 bis 20 Prozent. Meyer & Meyer bietet Herstellern und Handel auch die Reinigung und Reparatur von zurückgeschickter Ware an, um deren Lebenszyklus zu verlängern. „Damit erfüllen Kunden ihre Nachhaltigkeitsziele und erzeugen gleichzeitig Umsatz durch Wiederverkauf und Vermietung“, sagt Nicola Eibich, Circular Fashion Consultant.

Das Schienengüterverkehrsunternehmen TX Logistik investiert in effizientere E-Loks und bietet ein Umschlagsystem an, mit dem nicht kranbare Sattelauflieger auf den Zug gehoben werden können. Damit könnten im Intermodal-Transport bis zu 65 Prozent CO2 eingespart werden, heißt es seitens des Unternehmens. Die Linienreederei Hapag-Lloyd stattete im Zuge eines Programms bis Ende 2024 über 100 Schiffe unter anderem mit neuen Wulstbugen und neuen Propellern aus, was nach Angaben von Senior Director Sustainability Philip Kettelhodt CO2-Einsparungen von etwa 6 bis 7 Prozent brachte und – wegen eines verringerten Kraftstoffverbrauchs – auch finanzielle Vorteile bringt.

All das zeigt: Klimaschutzmaßnahmen können sich lohnen. Aber weshalb führen sie nicht öfter zu mehr Umsatz, von dem laut PwC in Deutschland sogar nur jeder fünfte Befragte berichtet (20 Prozent), obwohl 96 Prozent entsprechend investieren? PwC verweist auf unterschiedliche Vorschriften in den einzelnen Staaten. Weltweit empfinde ein Viertel der Unternehmen die „komplexe Regulierung der Nachhaltigkeit“ als Last, in Deutschland gar die Hälfte. Hier berichtet auch die Hälfte der Befragten von höheren Kosten. Die spielen etwa beim E-Lkw-Preis eine Rolle.

Trotz aller Herausforderungen gibt es hier positive Perspektiven: Nach Berechnungen von Strategy& werden die Gesamtkosten von E-Lkw im Jahr 2030 im Verteilverkehr rund 29 Prozent und auf der Langstrecke etwa 25 Prozent unter denen von Diesel-Lkw liegen. Aus Sicht von Logistikunternehmen wie Dachser sind Planungssicherheit, verlässliche Rahmenbedingungen sowie der Ausbau von Lade- und Stromnetzinfrastruktur entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität.

Der Großteil unserer Investitionen in klimafreundliche Technologien und Prozesse zahlt sich auch wirtschaftlich aus, sei es durch Effizienzgewinne, Kostensenkungen oder die Stärkung unserer Marktposition.
Jan Hendrik Pietsch
Leiter Nachhaltigkeit, Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA)

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